Selbstliebe braucht kein perfektes Ich, sondern ein echtes.
Perfektionismus wird oft als Tugend missverstanden. Viele glauben, dass hohe Ansprüche an sich selbst ein Zeichen von Ehrgeiz, Disziplin und Selbstoptimierung sind. Doch hinter dem Streben nach Perfektion verbirgt sich häufig etwas ganz anderes: die Angst, nicht gut genug zu sein. Genau hier beginnt das Problem. Denn wer sich ständig beweisen muss, verhindert echte Selbstannahme – und sabotiert damit unbewusst seine Selbstliebe.
In meinem Leben gab es genau einen Bereich, in dem ich extrem unter meinem Perfektionismus gelitten habe: Ich wollte immer der beste Partner sein. Ich wollte alles vorher erkennen. Ich wollte immer meine Partnerin sehen, unterstützen, sie auf Händen tragen – und das alles ohne Limit, ohne doppelten Boden. Ich habe immer 90 % meiner Energie für solche Beziehungen geopfert, für mich blieben nur 10 %. Dass das nichts mit Selbstliebe zu tun hat, ist mir sehr lange nicht bewusst gewesen. Ich habe mich verachtet und gehasst. Ich habe nie verstanden, warum es nicht reicht. Warum ich trotz dieser Leistung nicht reiche. Ich könnte beim Schreiben dieser Zeilen stundenlang weinen. Es war immer nur ich, der sich nicht gesehen hat.
Die Illusion von Kontrolle und Sicherheit
Perfektionismus vermittelt das Gefühl, die Dinge im Griff zu haben. Wenn alles perfekt ist, kann nichts schiefgehen – so lautet das innere Narrativ. Doch diese Illusion hat ihren Preis. Der Versuch, alle Fehler zu vermeiden, macht nicht frei, sondern engt ein. Jeder kleine Makel wird zur potenziellen Gefahr. Und was als Schutz beginnt, wird schnell zur Falle:
- Man definiert sich über Leistung statt über das eigene Wesen.
- Selbstwert hängt vom Urteil anderer ab.
- Man lebt in ständiger Selbstkritik und innerem Druck.
Hinzu kommt, dass Perfektionismus nie endet. Es gibt keinen Moment, in dem man sagen kann: Jetzt ist es genug. Stattdessen entsteht ein ewiger Kreislauf aus Streben, Zweifeln und Korrigieren. Das Gefühl, niemals zu genügen, bleibt – selbst wenn von außen Anerkennung kommt.
Das das oben erwähnte Verhalten bei mir Perfektionismus war, ist mir erst sehr spät klar geworden. Da war ich schon viele Monate auf meiner Transformation. Dass ich mein Leben nicht mehr leben werde wie bisher, ist der besagte 25. März 2024 gewesen. Was das alles in der Konsequenz mit sich bringen würde, war mir an diesem Tag keineswegs bewusst. In mir ist die Welt zusammengebrochen, und gleichzeitig saß ich am Abgrund und habe locker und leicht eine schützende Hand über mich gehalten. Ich habe die ersten vier Wochen aus meiner Sicht geschrien, zum ersten Mal gesagt, was ich erwarte und brauche, was ich mir wünsche. Nur war da niemand auf der anderen Seite, den das interessiert hat. Stattdessen habe ich der immer gefühlten Wahrheit ins Gesicht geblickt. Es war ein unfassbarer Schmerz und gleichzeitig der größte Wake-up-Call, der mir hätte widerfahren können. Da gab es die Missachtung meiner Person, meiner Bedürfnisse und das Absprechen, überhaupt irgendwas wollen zu dürfen. Und genau da habe ich verstanden, dass nur ich mich sehen kann. Dass alles, was ich vorher an Hässlichkeit gefühlt habe, immer da war – nur wollte ich mir nicht glauben. Die Sehnsucht nach Liebe, nach gut genug sein war so groß, dass ich blind war. Und ich habe es innerhalb der Beziehung versucht, mit Perfektionismus an mich selbst zu lösen und zu legitimieren. Mir ist bei den Gedanken an diese Zeit richtig schlecht beim Schreiben. Es ist der Tiefpunkt meines Lebens und gleichzeitig alles, was notwendig war. Ich würde alles wieder durchleben, nur um dort ankommen zu können, wo ich heute stehe.
Selbstliebe braucht Menschlichkeit, keine Perfektion

Die Wahrheit tut weh. Aber sie macht dich frei. Ich bin nicht hier, um dich nett einzupacken. Ich bin hier, um dir die Wahrheit zu sagen. Wenn du bereit bist, dir selbst endlich zu begegnen, dann lies das hier: Wer ist Maik Thomas
Selbstliebe beginnt da, wo wir uns erlauben, menschlich zu sein. Mit Ecken, Kanten, Fehlern und Widersprüchen. Denn nur wer sich auch in seinen Unzulänglichkeiten akzeptieren kann, lebt in echter Verbundenheit mit sich selbst.
Perfektionismus hingegen baut Mauern. Er erschafft ein idealisiertes Bild von uns selbst, dem wir ständig hinterherlaufen – und nie erreichen. Dadurch entsteht eine dauerhafte Kluft zwischen dem, was ist, und dem, was (vermeintlich) sein sollte.
Wer ständig versucht, perfekt zu sein, lebt nicht authentisch. Und wo keine Authentizität ist, kann auch keine echte Selbstliebe entstehen. Stattdessen entsteht eine innere Distanz. Man liebt ein Idealbild – nicht sich selbst.
Bei mir zeigte sich der Perfektionismus immer an einer Stelle. Ich erkenne und fühle die Authentizität von anderen Menschen. Und ich sehe die Lösung, ich fühle den Weg. Und ich habe alles versucht, alles getan, um eben diese Probleme aus dem Weg zu räumen. Um gut genug zu sein und um gesehen zu werden. Dass das nicht meine Aufgabe ist oder war, habe ich sehr lange Zeit nicht gewusst und nicht verstanden. Heute weiß ich, dass ich mich retten darf – und sonst niemanden.
Selbstliebe bedeutet auch, sich nicht nur dann zu mögen, wenn man „funktioniert“ oder etwas leistet. Sie bedeutet, sich selbst liebevoll zu begegnen – auch in Momenten des Zweifels, der Trauer, der Überforderung. Gerade dort entsteht wahres Mitgefühl mit sich selbst.
Der Weg zurück zur Selbstliebe
Den eigenen Perfektionismus zu erkennen, ist der erste Schritt. Danach braucht es den Mut, ihn liebevoll zu hinterfragen.
- Welche Angst steckt hinter meinem Perfektionsanspruch?
- Was glaube ich, nur durch Leistung verdient zu haben?
- Welche Facetten von mir habe ich bisher abgelehnt?
Es geht nicht darum, Perfektionismus mit Härte zu bekämpfen, sondern ihn mit Sanftheit zu entlarven. Oft reicht schon die ehrliche Erkenntnis: Ich muss nicht perfekt sein, um wertvoll zu sein.
Heute sehe ich mich, ich liebe mich und ich habe mich völlig akzeptiert. Ich bin voller Selbstliebe – und ich bin frei! Ich reflektiere jeden Tag und arbeite mit Hingabe an mir und meinem Sein. Es ist eine Reise, die immer weiter zu mir selbst führt. Das erfüllt mich mit einer sehr großen Zufriedenheit.
Selbstliebe bedeutet, sich selbst wie einen guten Freund zu behandeln – mit Verständnis, Mitgefühl und Wohlwollen. Sie wächst nicht durch Kontrolle, sondern durch Annahme. Und sie beginnt nicht bei den großen Erfolgen, sondern in den kleinen Momenten der Selbstbegegnung: beim Scheitern, beim Zweifel, beim Innehalten.
Fazit
⚠ Glaubst du, dass du dich verändern kannst, indem du einfach nur konsumierst?
Transformation ist kein Konsumprodukt.
Hör auf, nur zu lesen – fang an, zu fühlen.
Erlebe, was wirklich zählt
Perfektionismus ist nicht das Ergebnis von Stärke, sondern Ausdruck von Unsicherheit. Er mag äußerlich nach Disziplin aussehen, doch innerlich verhindert er, dass wir uns selbst wirklich begegnen. Selbstliebe braucht kein perfektes Ich, sondern ein echtes. Ein Ich, das fühlt, zweifelt, stolpert und dennoch wertvoll ist. Immer.
Für mich sind es heute zwei Dinge, die die größte Dokumentation meiner Selbstliebe darstellen. Als Erstes ist es die Abgrenzung von den Problemen anderer Menschen. Ich sehe diese zwar – und wenn ich eingeladen werde, biete ich auch gerne meine Hilfe an. Aber ich versuche nicht mehr, den Weg für diese Person zu gehen. Und der zweite Bereich ist der Rückzug in meine Höhle. Es ist das Alleinsein. Da reflektiere ich, ich bin in meiner eigenen Welt, ich sehe mich, ich fühle mich, ich bin.
Sich selbst zu lieben, heißt nicht, alles an sich großartig zu finden – sondern alles an sich anzunehmen. Gerade dort, wo es unperfekt ist. Denn in der Menschlichkeit liegt die größte Schönheit. Und nur wer sich selbst wirklich annimmt, kann auch anderen mit wahrer Liebe und Tiefe begegnen.
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